Peter Schrott ist seit 1960 Gewerkschaftsmitglied – 54 Jahre, eine lange Zeit. Viele Jahre lang war er stellvertretender Vorsitzender im ver.di Bezirk Berlin. Heute ist er Vorsitzender der ver.di-Senioren im Fachbereich "Medien, Kunst, Industrie" und in der Ortsgruppe Neukölln. Seine berufliche Karriere war sehr abwechslungsreich. Maurer, Schrift- und Maschinensetzer, Abteilungsleiter in der Zeitungsherstellung, Dozent und Nachhilfelehrer für Mathe, Sozialkunde und technisches Zeichnen sind nur ein paar Stationen. Für den Deutschen Entwicklungsdienst war er dreieinhalb Jahre in Kamerun, um sich vor Ort um Trinkwasserprobleme zu kümmern. Zurück in Deutschland hat ihn die Gesetzliche Krankenkasse nur als Privatkunde aufgenommen. Dieses private Anliegen, verstärkte seinen Impuls als Selbstverwalter in der AOK tätig zu werden. Seit 2005 übernimmt er diese ehrenamtliche Aufgabe und beantwortet an dieser Stelle Fragen zu seiner Arbeit in der Selbstverwaltung der AOK Nordost:
Selbstverwaltung was ist das? Deine Antwort in 140 Zeichen.
Die Selbstverwaltung ist – egal ob in der Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- oder Rentenversicherung – eine der tragenden Säulen unseres Sozialsystems.
GewerkschafterInnen in der Selbstverwaltung vertreten die Interessen der Versicherten. Was heißt das konkret?
Wir als GewerkschafterInnen sind auch Versicherte und dem entsprechend auch direkt Betroffene von Entscheidungen und Fehlentscheidungen der Politik. Das ist die Grundlage, um gemeinsam und solidarisch für die Interessen der Versicherten zu streiten.
Wir wollen keine medizinische Versorgung die sich an den finanziellen Möglichkeiten orientiert, sondern wir wollen eine Krankenversicherung, die unabhängig vom Einkommen der Versicherten beste medizinische Leistungen gewährleistet. Dreiklassenmedizin – ohne uns! Wir setzen uns für eine Bürgerversicherung – unter Einbeziehung aller Beschäftigten – ein. Zudem stehen für die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der Krankenkassenbeiträge.
Wofür sind wir in den Gremien mitverantwortlich? Eine Auswahl:
Im Verwaltungsrat:
Im Grundsatzausschuss:
Ich will hier nicht die ganze Satzung beschreiben, aber eins noch: Im Organisations- und Finanzausschuss nehmen wir die Jahresrechnung ab und der Haushalt wird von der Selbstverwaltung beschlossen.
Was machen wir noch?
ver.di sagt: GewerkschaftsvertreterInnen in der Selbstverwaltung sind die idealen Versichertenvertreter. Warum?
Die Grundlage der Gewerkschaften ist die Solidarität. In der ver.di sind über zwei Millionen Mitglieder organisiert, das ist eine hervorragende Basis, um zusammenzustehen bzw. gemeinsam etwas zu erreichen.
In den Tarifauseinandersetzungen haben wir mit ‚Vertretern der anderen Bank’ Erfahrungen sammeln können, das kommt der Suche nach Kompromissen in der Selbstverwaltung sehr entgegen. Im Interesse der Versicherten müssen wir den Konsens in der Selbstverwaltung auch manchmal erschüttern, denn wir setzen uns dafür ein, dass starke Schultern die Krisenlasten tragen und die Schwachen gestärkt werden. Wir treten dafür ein, dass die Selbstverwaltungen der gesetzlichen Krankenkassen wieder allein über die Höhe des Beitragssatzes entscheiden; dass es wieder einen vollen Finanzkraftausgleich mit einem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich für die Krankenkassen gibt und dass dies im Ergebnis die Zurückgewinnung der Beitragssatzautonomie für die Selbstverwaltungen nach sich zieht. Denn dadurch werden die Voraussetzungen geschaffen, weitere Verbesserungen in der Versorgungsqualität sowie im Leistungsangebot für die Mitglieder der Krankenkasse auf stabiler finanzieller Basis zu beschließen.
Viele Versicherte sagen uns: Ich weiß gar nicht, was meine Selbstverwalter für mich machen. Wie und wo können sie von Deiner Arbeit erfahren?
Transparenz vor den Wahlen und erst recht danach ist unabdingbar wichtig. Die Einzelgewerkschaften und die Dachorganisation, der DGB, sind da gefordert. Unsere Mitglieder haben ein Anrecht darauf zu wissen, wer in welche Gremien delegiert wurde, um dort zu ihrem Wohle Gewerkschaftsarbeit zu machen.
Für uns bedeutet Transparenz bei den Kranken- und Pflegekassen die Darstellung der handelnden Personen und ihrer Aufgaben. Dazu gehört, die Mitglieder der Selbstverwaltungen - nicht nur die alternierenden Vorsitzenden - auf der Homepage und den anderen Medien zu präsentieren.
Die Versicherten müssen wissen, wer ihre Ansprechpartner sind und wie diese zu erreichen sind. Damit die Arbeit der Selbstverwalter nachvollziehbar wird, muss ihre Arbeit öffentlich gemacht werden. Für etwas werben kann ich nur, wenn bekannt ist, welche Tätigkeit verrichtet wird.
ver.di hat einen kleinen Cartoon-Film gemacht, um über die Aufgaben in der Sozialversicherung zu informieren. Welches Bild in unserem Viola-Clip gefällt Dir am besten?
Der Hinweis auf das Sozialgesetzbuch.
Du bist in der Selbstverwaltung der AOK Nordost aktiv. Seit wann hast Du diese Aufgabe und was war in dieser Zeit die spannendste Herausforderung?
Für die Selbstverwaltung meiner Krankenkasse wurde ich zu den Sozialwahlen 2005 von der ver.di, Bezirk Berlin, und dem DGB Berlin-Brandenburg vorgeschlagen und von diesem auf die Liste der Versichertenvertreter_innen gesetzt. Die SelbstverwalterInnen wählten mich in einen „Widerspruchsausschuss“, als Mitglied in den Ausschuss für „Markt und Gesundheit“, als erster Nachrücker in die Ausschüsse „Organisation und Finanzen“ sowie „Grundsatz“.
Die spannendsten Herausforderungen waren und sind, dass bei den Fusionen verschiedener Kassen die Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung für unsere Versicherten gewährleistet bleibt. Eine große Herausforderung ist die Mitarbeit im Widerspruchsausschuss, denn hier gilt es, die Ansprüche unserer Versicherten zu prüfen und gegebenenfalls anzuerkennen.
Seit 2011 veranstaltet ver.di alljährlich im Mai den Tag der Selbstverwaltung. Dein persönliches Motto für den Tag der Selbstverwaltung 2015?
Offenheit und Transparenz schaffen für den Erfolg der Sozialwahlen in 2017!
[2015]