Marita Rosenow

16.04.2015

Marita Rosenow, Jahrgang 1952, war in ihrem „früheren Leben“ Chemielaborantin. Doch die gewerkschaftliche Arbeit drängte sich in ihrem Erwerbsleben schnell in den Vordergrund, Dosierzylinder und Laborzentrifugen gerieten in den Hintergrund. Seit ihrer Tätigkeit an der Uni Oldenburg, 1974, ist Marita Rosenow gewerkschaftlich organisiert; anfangs bei der ÖTV, bis heute bei ver.di. Seit 1988 war Marita Rosenow hauptamtliche Gewerkschaftssekretärin. Bis zu ihrem Ruhestand führte sie als stellvertretende Landesleiterin das Landesbüro Bremen. Sie war u. a. zuständig für Gesundheits- und Sozialpolitik, Gender-, Frauen- und Gleichstellungspolitik. 1999 kam ihr Engagement in der Selbstverwaltung hinzu – folgerichtig, aber arbeitsintensiv. Heute, in der Altersteilzeit, bereitet sie sich nicht mehr abends auf die Gremienarbeit in der Selbstverwaltung der Deutschen Rentenversicherung vor. Heute arbeitet sie tagsüber, mit etwas mehr Ruhe. Marita Rosenow genießt die Arbeit als erfahrene Selbstverwalterin – etwa als Vorstandsvorsitzende des Regionalträgers DRV Oldenburg-Bremen.

Sie weiß, ihre langjährige Erfahrung als Selbstverwalterin hilft, auch knifflige Fragen konstruktiv zu klären, wie sie uns im Gespräch erzählt:

 

Selbstverwaltung was ist das? Deine Antwort in 140 Zeichen.

Die soziale Selbstverwaltung leistet einen wesentlichen Beitrag zum sozialen Frieden. Grundlage ist der partnerschaftliche Interessenausgleich.

GewerkschafterInnen in der Selbstverwaltung vertreten die Interessen der Versicherten. Was heißt das konkret?

Selbstverwaltung ist gelebte Demokratie. Das wesentliche Prinzip der sozialen Selbstverwaltung ist die Mitwirkung der Betroffenen. Das heißt: Die Versicherten, die Rentner und die Arbeitgeber beteiligen sich an der Erledigung der den Versicherungsträgern übertragenen Aufgaben. Der Staat trägt Verantwortung für die Daseinsvorsorge. Doch auch wenn der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen setzt, gibt es eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten für Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter. Die in der Selbstverwaltung Engagierten treffen unabhängig vom Staat wichtige Entscheidungen. Sie gestalten die Sozialversicherung zum konkreten Nutzen der Versicherten und sorgen für die wirtschaftliche und effiziente Verwendung der Beitragsgelder.

Die Ehrenamtlichen verwalten den Versicherungsträger mit und entscheiden über alle grundsätzlich wichtigen Fragen. Das betrifft etwa die Bereiche Finanzen, Leistungen, Organisation und Personal. Sie verabschieden den Haushalt und kontrollieren die Arbeit der hauptamtlichen Geschäftsführung.

Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter treffen strukturelle, strategische und organisatorische Entscheidungen, zum Beispiel bei Fragen zur Rehabilitation und zum Ausbau des Service- und Beratungsangebots für Versicherte und Arbeitgeber vor Ort.

ver.di sagt: GewerkschaftsvertreterInnen in der Selbstverwaltung sind die idealen Versichertenvertreter. Warum?

ver.di-Vertreterinnen und Vertreter setzen sich für einen starken Sozialstaat ein. Die Zukunft der Sozialversicherung darf nicht allein der Politik überlassen werden! Wir haben als GewerkschafterInnen das „Ohr im Betrieb“, so ist es möglich, die Sorgen und Probleme der Betroffenen aufzugreifen, und aktiv in die Arbeit der Selbstverwaltung einzubringen. kurz: Entscheidungen im Sinne der Versicherten zu treffen. Gewerkschaftliche Selbstverwalter und Selbstverwalterinnen bringen ihre fachliche und praxisbezogene Kompetenz ein, sie wissen, was Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Angehörigen zur Unterstützung brauchen. Im Vorfeld politischer Entscheidungen bringen sie zudem die Sicht der Betroffenen als politischer Akteur und Sozialpartner in Gesetzgebungsverfahren mit ein.

Viele Versicherte sagen uns: Ich weiß gar nicht, was meine Selbstverwalter für mich machen. Wie und wo können sie von Deiner Arbeit erfahren?

Die Arbeit der Selbstverwaltung in der Öffentlichkeit transparent darzustellen ist gar nicht so einfach, nicht zuletzt, weil die Sitzungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Viele Entscheidungsfelder, etwa Personalentscheidungen, unterliegen dem Datenschutz. Wir berichten allerdings halbjährlich in den Vertreterversammlungen des Trägers über die Arbeit des Vorstandes – und insoweit auch über meine Arbeit als Vorstandsvorsitzende. Diese Sitzungen sind öffentlich, werden vorher in der Presse angekündigt, sodass jede und jeder bei Interesse daran teilnehmen kann. Im Nachgang der Vertreterversammlung wird in den regionalen Tageszeitungen über die inhaltlichen Schwerpunkte berichtet. Auch Gespräche mit den Repräsentanten aus der Politik werden von den Medien verfolgt. In der Zeitschrift der Deutschen Rentenversicherung, "Zukunft jetzt", wird ebenfalls regelmäßig auch über die regionale Arbeit der Selbstverwaltung berichtet.

Wer mehr erfahren möchte, kann über das Büro der Selbstverwaltung (selbstverwaltung@drv-oldenburg-bremen.de) und die Internetseiten des Trägers (www.deutsche-rentenversicherung.de/oldenburg-bremen) – auf denen zum Beispiel der Tätigkeitsbericht des Vorstandes veröffentlicht wird – den Kontakt zu mir herstellen. Natürlich gibt es auch persönliche Kontakte zu ver.di-Kolleginnen und Kollegen, zum DGB und zu den betrieblichen Interessenvertretungen, die ebenfalls aus ihrer laufenden Arbeit berichten können.

ver.di hat einen kleinen Cartoon-Film gemacht, um über die Aufgaben in der Sozialversicherung zu informieren. Welches Bild in unserem Viola-Clip gefällt Dir am besten?

Ich mag die Sequenz, in der von den ver.di-Frauen in der Selbstverwaltung erzählt wird. Und ich liebe die Passage, in der Viola muskelstark von der sozialpolitischen Kompetenz der ver.di-Vertreterinnen erzählt.

Du bist in der Selbstverwaltung der DRV Oldenburg-Bremen und der DRV Bund aktiv. Seit wann hast Du diese Aufgabe und was war in dieser Zeit die spannendste Herausforderung?

Ich bin seit 1999 Vorstandsvorsitzende der DRV Oldenburg-Bremen. Seit den Sozialwahlen 2011 bin ich Vertreterin der Regionalträger aus dem Norden (DRV Nord, DRV Braunschweig - Hannover, DRV Oldenburg-Bremen) im Bundesvorstand der DRV Bund – diese Funktion hatte ich als Stellvertreterin bereits seit 2005 inne. Zu den größten Herausforderungen der vergangenen Jahre gehörte die Organisationsreform der Deutschen Rentenversicherung im Jahre 2005. Der Umbau des eigenen Trägers nach der Reorganisation von einer Behörde zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen als Grundlage für den Erhalt der Selbstständigkeit (eines kleinen Regionalträgers) war für mich eine Gratwanderung. Da war einmal mehr soziale Sensibilität gefordert. Dieser Umstrukturierungsprozess ist uns gut gelungen. Die Zusammenarbeit der Träger im Norden wurde durch die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft (aus SelbstverwalterInnen und Geschäftsführungen) gestärkt. Durch Absprachen zum gemeinsamen Vorgehen bei Schwerpunktthemen ist es uns in den vergangenen Jahren über die Gremien der Selbstverwaltung gelungen, wichtige politische Initiativen auf den Weg zu bringen. Das betrifft etwa die Erhöhung des Reha-Budgets sowie den Erhalt der eigenen Kliniken. Damit bin ich bei der zweiten großen Herausforderung angekommen: dem Erhalt und Ausbau der rentenversicherungseigenen Kliniken. Hier stehen wir unter dem steten Druck der Direktive der „Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“. Der Bundesrechnungshof wird nicht müde hier immer wieder Druck auszuüben und die Existenz der Kliniken infrage zu stellen. Hier gilt es auch in Zukunft, immer wieder deutlich zu machen, welchen besonderen Stellenwert rentenversicherungseigene Kliniken für die Rehabilitation unserer Versicherten haben. Insbesondere gilt es im Interesse der Versicherten und der Beschäftigten, das Augenmerk auf den Erhalt einer qualitativ hochwertigen Versorgung zu richten. Da haben wir als Selbstverwalter und Selbstverwalterinnen eine wichtige Mission.

Seit 2011 veranstaltet ver.di alljährlich im Mai den Tag der Selbstverwaltung. Dein persönliches Motto für den Tag der Selbstverwaltung 2016?

Ein starker Sozialstaat braucht eine starke Selbstverwaltung. Deshalb Selbstverwaltungsrechte stärken!

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