Annegret Biller

09.02.2016

Annegret Biller, Jahrgang 1946, ist schon seit über 40 Jahren in der Gewerkschaftsarbeit aktiv. Die gelernte Zahnarzthelferin ist über verschiedene Stationen – Tarifkommission, Jugend- und Berufsbildung, nebenbei Studium der Sozialökonomie und des Sozialmanagements plus eine Ausbildung zur Mediatorin – nach der ver.di-Gründung 2001 als Bildungsreferentin in Berlin gelandet. Bis 2011 war sie als Hauptamtliche für die Schulung von Prüferinnen und Prüfern in der Aus- sowie Fortbildung in der ver.di zuständig. Ursprünglich aus dem Gesundheitswesen kommend ist die Arbeit in der Selbstverwaltung der BGW, der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, in der sie sich schon seit 1986 engagiert, für Annegret Biller besonders wichtig. Sie hat, so sagt sie selbst, neben ihrer Tätigkeit als freie Dozentin heute „ausreichend Zeit“, um ihre Arbeit im Widerspruchsausschuss, der einmal im Monat tagt, gut vor- und nachzubereiten. Die dort gefällten Entscheidungen im Sinne der Versicherten zu beeinflussen, ist für Annegret Biller eine Herzensangelegenheit mit politischem Gewicht.

 

Selbstverwaltung was ist das?

Durch die paritätische Struktur der Selbstverwaltung habe ich die Möglichkeit Entscheidungen eines großen Sozialversicherungsträgers mitzugestalten, und einzugreifen, wenn ich es für notwendig halte. Abläufe und Veränderungen kritisch zu begleiten, ist Aufgabe der Selbstverwaltung.

Gewerkschafter*innen in der Selbstverwaltung vertreten die Interessen der Versicherten. Was heißt das konkret?

Interessenvertretung in der Selbstverwaltung erfahre ich als Gewerkschafterin so: Ich bin nicht allein, habe eine starke Gewerkschaft im Rücken, die mich bei strittigen Fragen unterstützt und mir Halt gibt. Ich arbeite mit Gleichgesinnten, bringe meine Kompetenzen ein und kann mich mit anderen Gewerkschafter*innen zum Wohle der Versicherten absprechen.

ver.di sagt: Gewerkschaftsvertreter*innen in der Selbstverwaltung sind die idealen Versichertenvertreter. Warum?

Wir arbeiten in den Betrieben, an der Basis, wissen was die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bewegt, kennen Betriebsabläufe in Arzt- und Zahnarztpraxen, in Krankenhäusern und Friseurbetrieben. Durch die Vielfalt der Arbeitnehmervertretungen aus den diversen Bereichen kommt eine geballte Kompetenz zusammen. Was mir noch wichtig ist: Wir haben es geschafft, einmal jährlich eine Schulung mit allen Selbstverwaltern durchzuführen – die BGW lädt dazu ein. Neben aktuellen Fällen und den Veränderungen in der Rechtsprechung, die dort besprochen werden, ist das Miteinander an diesen Tagen genauso wichtig und stärkt uns in unserem Selbstverständnis als Selbstverwalter und Mitgestalter.

 

Viele Versicherte sagen uns: Ich weiß gar nicht, was meine Selbstverwalter für mich machen. Wie und wo können sie von Deiner Arbeit erfahren?

Über die Selbstverwalterarbeit erfährt man am meisten im persönlichen Austausch. Auf Veranstaltungen und Seminaren berichte ich von meiner Tätigkeit bei der BGW und von der Möglichkeit, sich selbst ebenfalls in der Selbstverwaltung zu engagieren. Mein privates Umfeld, Freunde und Nachbarn, wissen daher von meiner Tätigkeit und meinem Engagement – würden aber oftmals selbst die Zeit dafür nicht aufbringen wollen. Ich habe in den vielen Jahren, in denen ich dabei sein durfte, viel gelernt, tolle aufgeschlossene Menschen kennengelernt und meinen gesunden Menschenverstand eingebracht. Der ist oft gefragt, gerade wenn es kompliziert wird.

ver.di hat einen kleinen Cartoon-Film gemacht, um über die Aufgaben in der Sozialversicherung zu informieren. Welches Bild in unserem Viola-Clip gefällt Dir am besten?

Der Video Clip gefällt mir insgesamt, die Bilder sind authentisch und die Selbstverwaltung wird treffend dargestellt. Super. Mir gefällt die Szene, in der die Selbstverwaltung in Violas Ohr “fließt”. Allen ver.di-Kollegen und -Kolleginnen empfehle ich: Angucken und weiterempfehlen. Dann werden bei der nächsten Sozialwahl mehr Menschen wissen, warum es sich lohnt, ver.di zu wählen.

Du bist in der Selbstverwaltung der BGW in der Vertreterversammlung und im Widerspruchsausschuss. Seit wann hast Du diese Aufgaben und was war in dieser Zeit die spannendste Herausforderung?

Ich bin seit 1986 in der Selbstverwaltung aktiv – zunächst als Zahnarzthelferin in der Vertreterversammlung der BGW. Später als ver.di-Beschäftigte als sogenannte Beauftragte. In der jetzigen Periode als Stellvertretung. Seit Jahren bin ich als Vertreterin der Arbeitnehmer*innen im Widerspruchsausschuss. Dort bearbeiten wir zu viert, in einem ebenfalls paritätisch besetzten Ausschuss, die Widersprüche und versuchen, unseren Versicherten gerecht zu werden. Eine spannende Aufgabe, die aber auch viel Zeit in Anspruch nimmt und meinen Horizont erweitert. Ich habe zum Beispiel gelernt, Gesetze zu lesen. Die spannendste Herausforderung fiel in die 90er Jahre, als die Friseure und Hersteller endlich begriffen, dass schädigende Substanzen nicht auf den Kopf der Kundinnen und in die Hände unserer Versicherten gelangen dürfen. Das war ein langer Prozess, aber letztendlich konnten wir als Versichertenvertreterinnen und Vertreter, in Zusammenarbeit mit der Verwaltung, die Hauterkrankungen reduzieren.

Seit 2011 veranstaltet ver.di alljährlich im Mai den Tag der Selbstverwaltung. Dein persönliches Motto für den Tag der Selbstverwaltung 2016?

Mach mit, gestalte mit und beteilige Dich! Denn sich zum Wohle der Versicherten einzubringen, ist eine zentrale gewerkschaftliche Aufgabe!

[28.6.2016]