Dynamisierung des Wohngelds

Was die Reform ab 1.1.2025 bringt
09.09.2024

Wohnkosten sind für viele Haushalte mit niedrigen Einkommen eine hohe Belastung. Hier hilft das Wohngeld: Das Wohngeld ist eine staatliche Leistung, die einkommensschwache Haushalte bei den Wohnkosten unterstützt. Es wird als Mietzuschuss für Mieter*innen oder als Lastenzuschuss für Eigentümer*innen von selbstgenutztem Wohnraum gewährt. Ziel ist es, Menschen mit begrenzten finanziellen Mitteln ein angemessenes Wohnen zu ermöglichen.

Beantragung und Anspruchsberechtigung

Wohngeld kann bei der zuständigen Wohngeldstelle der Stadt oder Gemeinde beantragt werden. Bei vielen Kommunen ist eine online Beantragung möglich.

Notwendige Unterlagen sind – neben dem Antrag selbst – Nachweise über die Wohnkosten und ein Einkommensnachweis. Als (Unter-)Mieter*in ist der „Wohngeldantrag für den Mietzuschuss“ zu verwenden; als Eigentümer*in von selbst genutztem Wohnraum der „Wohngeldantrag für den Lastenzuschuss“.

Die nachfolgende Grafik zeigt die Einkommensgrenzen auf, innerhalb derer ein Anspruch auf Wohngeld bestehen könnte. Die Höhe des Wohngeldes wird individuell berechnet und hängt von der Haushaltsgröße, dem Einkommen und der Mietstufe der jeweiligen Stadt oder Gemeinde ab. Da die Wohnkosten regional stark variieren, gibt es je nach Mietstufe 1 bis 7 Einkommensgrenzen. Mietstufen passen das Wohngeld so an die regionalen Unterschiede an.

 
Tabelle Einkommensgrenzen, innerhalb derer ein Anspruch auf Wohngeld bestehen könnte.

Als Faustregel gilt: Je höher die Mietstufe, desto höher der Wohngeldanspruch.

Zwei Beispiele verdeutlichen, welche Faktoren die Höhe des Wohngeldes beeinflussen:

Beispiel 1: Marion arbeitet in Vollzeit und verdient 2.150 € monatlich. Das entspricht dem Bruttogehalt bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 12,41 €/Stunde. Sie ist alleinerziehend und hat ein 3-jähriges Kind. Die beiden leben in einer kleinen 3-Zimmer-Wohnung in Gelsenkirchen (Mietstufe  2), für die Marion 550 € Bruttokaltmiete zahlt. Laut Wohngeldrechner stehen ihr aktuell 265 € Wohngeld zu.

Beispiel 2: Maria und Max leben mit ihren beiden 6-jährigen Zwillingen in München (Mietstufe 7) und zahlen für ein kleines Haus am Stadtrand eine Bruttokaltmiete von 2.000 €. Beide haben zusammen ein monatliches Bruttoentgelt von 3.200 €. Laut Wohngeldrechner stehen ihnen 120 € Wohngeld zu.

Grundsätzlich gilt:

Alle Haushalte mit eigenem Einkommen sind anspruchsberechtigt, die genug Einkommen für die eigenen Lebenshaltungskosten, nicht aber für die Wohnkosten haben. Dazu gehören erwerbstätige Familien mit niedrigem Einkommen, Studierende ohne BAföG-Anspruch, Rentner*innen mit kleinen Renten und Pflegeheimbewohner*innen. Wer prüfen möchte, ob ein Anspruch besteht, kann den Wohngeldrechner des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) nutzen.

Für aktuelle Wohngeldempfänger*innen gibt es nichts weiter zu tun. Die Erhöhung wird automatisch von der zuständigen Behörde berechnet und umfasst sowohl die Mietkosten als auch die Heizkosten.

Zweite Verordnung zur Fortschreibung des Wohngeldes: Hintergrund und Inhalt

Zum 1. Januar 2025 wird das Wohngeld angepasst. Die im Wohngeldgesetz vorgeschriebene Erhöhung ist wichtig, damit die Entlastung durch die Wohngeld-Plus-Reform von 2023 auch real erhalten bleibt. Die im Referentenentwurf enthaltene Zweite Verordnung zur Fortschreibung des Wohngeldes basiert auf § 43 des Wohngeldgesetzes (WoGG), der eine regelmäßige Anpassung des Wohngeldes an die Miet- und Einkommensentwicklung vorschreibt. Diese Dynamisierung möchte damit sicherstellen, dass die Entlastungswirkung des Wohngeldes erhalten bleibt.

Konkret berücksichtigt die Verordnung eine allgemeine Inflationsentwicklung von rund 13 Prozent und eine Mietenentwicklung von rund 4 Prozent (bruttokalt). Ziel ist es, dass Erwerbstätige sowie Rentner*innen im Wohngeldbezug entlastet werden. Wer arbeitet und wenig verdient oder wer eine geringe Rente bekommt, soll vor hohen Nebenkosten und steigenden Mieten geschützt werden.

Für 2025 ist allerdings eine drastische Erhöhung der Grundsteuer geplant. Das könnte dazu führen, dass Vermieter*innen diese Kosten über die Bruttokaltmiete auf die Mieter*innen umlegen. Mieter*innen müssen dann mit höheren Wohnkosten rechnen. Fraglich ist, ob die bestehende Wohngeldverordnung diese potenziellen Mietsteigerungen auffängt oder ob hier Anpassungen notwendig sind.

Die Dynamisierung des Wohngeldes hat mehrere Effekte:

1. Steigerung der Empfänger*innenzahl: Durch die Anpassung wird die Anzahl der Wohngeldempfänger*innen voraussichtlich um 255.000 Haushalte steigen, was zu einer Erhöhung der Wohngeldausgaben um 780 Millionen Euro führt. Nach den Schätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zur Dynamisierung 2025 steigt die Empfängerzahl von 1,6 auf 1,9 Millionen.

2. Höhere Leistungen: Bestehende Wohngeldempfänger*innen können mit einer durchschnittlichen Erhöhung des Wohngeldes um rund 15 Prozent rechnen.

3. Verhinderung des Wechsels zu Grundsicherungsleistungen: Die Dynamisierung soll verhindern, dass Haushalte aufgrund steigender Mieten und Einkommen auf Bürgergeld (SGB II) oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII) angewiesen sind. Stattdessen sind aufgrund der Wohngeldanhebung mehr Bürger*innen leistungsberechtigt: Es wird von 190.000 „Hereinwachser-Haushalten“ vom oberen Einkommensrand des Wohngeldes und von 65.000 Wechsler-Haushalten aus dem Bürgergeld ausgegangen.

Wohngeld und Grundsicherung: Ein Vergleich

Wohngeld und Grundsicherung sind zwei unterschiedliche staatliche Unterstützungsleistungen, die jeweils spezifische Zielgruppen ansprechen. Wohngeld unterstützt Haushalte mit eigenem Einkommen, das jedoch nicht ausreicht, um die Wohnkosten zu decken. Es ist vorrangig zu beantragen und schließt den gleichzeitigen Bezug von Grundsicherungsleistungen aus. Diese sind in der Regel für Personen vorgesehen, deren Einkommen und Vermögen nicht ausreichen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Grundsicherung, sei es das Bürgergeld nach SGB II oder die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach SGB XII, deckt den gesamten Lebensunterhalt ab, einschließlich der Wohnkosten. Daher sind Empfänger*innen von Grundsicherungsleistungen grundsätzlich vom Wohngeld ausgeschlossen.

Fazit: Bedeutung der Wohngeldanpassung

Das Bundeskabinett hat am 13. August 2024 die Zweite Verordnung zur Fortschreibung des Wohngeldes nach § 43 des Wohngeldgesetzes beschlossen. Empfänger sollen von 1. Januar 2025 an durchschnittlich 15 Prozent beziehungsweise 30 Euro mehr erhalten, erklärte Bauministerin Klara Geywitz (SPD). Damit werde der Inflation Rechnung getragen. Der Beschluss wurde laut Bauministerium vorher mit der Bundesregierung abgestimmt. Jetzt muss der Bundesrat noch zustimmen und dann kann die Wohlgelderhöhung im Januar kommen.

Die Dynamisierung des Wohngelds ist entscheidend, um die soziale Absicherung von Haushalten mit niedrigen Einkommen aber auch von Gegenden, in denen Wohnen sehr teuer ist, zu gewährleisten. Durch die regelmäßige Anpassung bleibt die Unterstützung wirksam und verhindert, dass betroffene Haushalte aufgrund steigender Kosten auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sind. Damit leistet das Wohngeld einen wichtigen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit und zur Sicherung des Wohnens für viele Menschen in Deutschland. Als Maßnahme gegen die anhaltende Wohnungsnot und die steigenden Lebenshaltungskosten scheint diese Verordnung jedoch ein halbherziger Schritt, um einkommensschwache Haushalte zu beruhigen/besänftigen.

[Maria Öchsner]

 

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