Dem Fachkräftemangel mit älteren Arbeitnehmenden begegnen

14.05.2024

Der Mangel an Fach- und Arbeitskräften hat den ver.di-Organisationsbereich längst erfasst. Vielerorts „hausgemacht“ (beispielsweise durch mangelhafte Ausbildungsqualität oder gänzlich fehlende Ausbildungskapazitäten), besteht in diversen Berufsgruppen und Branchen bereits heute ein signifikanter Mangel an qualifizierten Beschäftigten und die einschlägigen Zukunftsszenarien sind besorgniserregend: 

Im Gesundheitswesen werden (ohne Gegensteuern) im Jahr 2035 fast 1,8 Millionen offene Stellen nicht mehr besetzt werden können; im öffentlichen Sektor fehlen bis 2030 mindestens 1 Millionen Fachkräfte; die Fachkräftelücke in den für den Einzelhandel relevanten Berufen ist auf einem Allzeithoch; es fehlen zudem 215.000 Fach- und Hilfskräfte in der Alten- und Krankenpflege und 137.000 IT-Fachkräfte; im öffentlichen Verkehr müssen bis 2030 74.000 Beschäftigte ersetzt werden. Die Auflistung ließe sich beliebig fortsetzen und unterstreicht den akuten Handlungsdruck. 

Nur durch gemeinschaftliches und entschiedenes Handeln der politisch Verantwortlichen mit den Sozialpartnern können tragfähige Konzepte zur Bewältigung der Arbeits- und Fachkräfteprobleme am deutschen Arbeitsmarkt erarbeitet werden und schlussendlich auch ihre Wirkung entfalten. 

Andernfalls ist die Versorgungssicherheit im Gesundheitssektor gefährdet. Es drohen also Einschränkungen bei der öffentlichen Daseinsvorsorge; Logistikketten funktionieren dann womöglich nicht mehr ohne größere Störungen – Regale in Supermärkten könnten weniger gut gefüllt oder sogar ganz leer bleiben. Um ihr (personalintensives) Geschäft am Leben zu halten, könnten Arbeitgebende gezwungen sein, Standorte zu wechseln, was wiederum regionale Entwicklungen negativ beeinflussen dürfte. Zudem droht eine stärkere Ausprägung des Gefälles zwischen den Metropolregionen/Städten (wo mehr Arbeitskräfte verfügbar sind) und den ländlicheren Regionen (wo Arbeitskraft schon heute nur noch eingeschränkt verfügbar ist). 

Auch vor diesem Hintergrund ist jetzt die Zeit zum Handeln. 

ver.di fordert zur Bekämpfung der Arbeits- und Fachkräftelücken an erster Stelle die Aktivierung des inländischen Arbeits- und Fachkräftepotenzials. Grundsätzlich schlagen wir u.a. folgende Maßnahmen vor: Stärkung der Tarifbindung und stetige Verbesserung der Arbeits- und Entlohnungsbedingungen, Stärkung der Berufsausbildung und Einführung einer wirklichen Ausbildungsgarantie, Aufwertung und Ausbau der Weiterbildung, Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, bessere Nutzung der Erwerbspotenziale von Erwerbslosen, von Menschen mit Behinderungen, bereits hier lebenden Menschen mit Migrationshintergrund und/oder Fluchtgeschichte. Nicht zuletzt sind auch ältere Menschen eine Gruppe, die mit ihrer Erfahrung viele Betriebe bereichern können.