Aktuelles zur Alterssicherung von Frauen

08.07.2024

Die 19. Frauen-Alterssicherungskonferenz von ver.di und SoVD

Die 19. Frauen-Alterssicherungskonferenz von ver.di und SoVD am 2.7.2024 beschäftigt sich – topaktuell – mit dem Rentenpaket II und der Frage, was diese Reform den Frauen bringt. Dazu werfen wir auch einen Blick auf die Alterssicherung der Frauen sowohl in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) als auch in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) und auf den sogenannten Gender Pension Gap. So wird die Lücke in der Alterssicherung und bei den Renten bezeichnet. Im Vergleich dazu ist der Gender Pay Gap der Verdienstabstand zwischen Frauen und Männern.

Da die Rente immer Spiegelbild des Erwerbslebens ist, suchen wir nach den Ursachen im Erwerbsleben der Frauen und befassen uns mit den Indikatoren der Ungleichheit zwischen Frauen und Männern, erstmals mit Gender Gap Arbeitsmarkt. Dieser Indikator für die erweiterte Verdienstungleichheit betrachtet neben der Verdienstlücke pro Stunde (Gender Pay Gap) zusätzlich die Unterschiede in der bezahlten monatlichen Arbeitszeit (Gender Hours Gap) und in der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern (Gender Employment Gap).

Im Folgenden werden einige wesentliche Aspekte an Hand von Zahlen vorgestellt, die einen Beitrag zu Diskussionen und zur Positionsfindung leisten soll.

I. Das Rentenpaket II

Der aus Beschäftigtensicht wichtigste Punkt des Rentenpakets II ist die Stabilisierung des Rentenniveaus vor Steuern auf 48 Prozent bis 30.6.2040. Ohne eine Stabilisierung auf heutigem Niveau würde das Rentenniveau in den nächsten 10 Jahren auf rund 45 Prozent absinken. (siehe Grafik 1) 

 
Grafik 1

Dabei ist unter Rentenniveau nicht ein Prozentsatz des individuellen Einkommens oder des letzten Entgelts zu verstehen. Vielmehr wird unter Rentenniveau, ganz korrekt unter dem Sicherungsniveau vor Steuern, der Verhältniswert aus der verfügbaren Standardrente und dem verfügbaren Durchschnittsentgelt des jeweils betreffenden Kalenderjahres nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge vor Steuern verstanden.

Unbestritten ist, dass auch eine Stabilisierung des Rentenniveaus auf 48 Prozent Altersarmut nicht verhindert. Sie ist aber ein wichtiger, jedoch längst nicht ausreichenden Schritt zur Stärkung der GRV. Soll die gesetzliche Rente als tragende Säule der Alterssicherung für die heutigen und künftigen Rentner*innen verlässlich ein auskömmliches und nahezu lebensstandardsicherndes Leistungsniveau garantieren, ist ein Rentenniveau vor Steuern von mind. 53 Prozent erforderlich.

Aktuell entspricht ein Beitragssatzpunkt einer Summe von rd. 18 Mrd. Euro, ein Niveaupunkt rd. 9 Mrd. Euro.

II. Der Gender Pension Gap und die Rentenhöhen

1. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung

In der gesetzlichen Rentenversicherung kommt es wesentlich darauf an, wie hoch das sozialversicherungspflichtige Einkommen in der Erwerbsphase war, d. h. welche Beträge verbeitragt wurden. Deshalb spricht man von der Rente als Spiegelbild des Erwerbslebens. Wer ein hohes sozialversicherungspflichtiges Einkommen hat, erhält mehr Rente als jemand mit einem niedrigen Einkommen. Einen Überblick gibt unsere Rentenrechnerin, die mit Stand 1.7.2024 aktualisiert wurde. 

Derzeit stehen 37 Mio. Beitragszahler*innen rund 21,2 Mio. Rentner*innen gegenüber. (siehe Tabelle 1) 

 
Tabelle 1

Wer fünf Jahre in die Rentenkasse eingezahlt hat, kann bei Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente in Anspruch nehmen. Damit werden auch Klein- und Kleinstrenten miteinbezogen - anders als beispielsweise in Österreich, wo 15 Jahre rentenrechtliche Zeiten Voraussetzung sind. Klar ist, dass diese kleinen Anwartschaften zu keinen auskömmlichen Renten führen können.

Deshalb ist es sinnvoll, Anteil und Höhe von Renten zu betrachten, die eine gewisse Anzahl von Versicherungsjahren aufweisen. Um eine Vergleichbarkeit mit den o.g. Daten zu gewährleisten, sind sowohl die Brutto- und die Zahlbetragsrenten (nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) genannt. (siehe Tabelle 2)

 
Tabelle 2

Aus Frauensicht ist dabei zu beachten, dass rund die Hälfte der Frauen (52,7 %) 35 und mehr Versicherungsjahre haben; Männer hingegen knapp 85 % (84,1 %). Bei 45 und mehr Versicherungsjahren wird es noch deutlicher: Nur rund 20 % (20,5 %) der Frauen, aber knapp 60 % (57,9 %) der Männer kommen auf 45 und mehr Versicherungsjahre.

Dies erklärt die deutlich höheren Renten der Männer. Hinzu kommt, dass Frauen mehrheitlich in Berufen arbeiten, die schlechter als die der Männer bezahlt werden. Sicher spielt dabei auch die hohe Teilzeitquote bei den Frauen von rund 50 % eine wesentliche Rolle.

Wirft Frau einen Blick auf die Unterschiede bei den Frauen nach Ost und West wird die Folge durchgängiger und längerer Erwerbsverläufe deutlich.

Während knapp 90 % (88,2 %) der Frauen Ost 35 und Versicherungsjahre aufweisen, sind das bei den Frauen West nur etwa die Hälfte mit rund 43 % (43,1 %).

Noch deutlicher zeigt sich das Verhältnis mit 45 und mehr Versicherungsjahren. Hier liegen die Frauen Ost mit knapp 40 % (39,3 %) fast mehr als das Dreifache vor den Frauen West mit rund 15 % (15,4 %). (siehe Tabelle 3) 

 
Tabelle 3

2. Soziale Elemente in der GRV verringern den Geschlechterunterschied deutlich

Das Erwerbsleben spielt in der Alterssicherung die wesentliche Rolle. Ein Grundprinzip ist die sogenannte Beitragsäquivalenz. Diese besagt, dass, wer mehr und länger Beiträge zahlt, im Alter auch eine höhere Rente erhält.
In der GRV gibt es neben dieser Beitragsäquivalenz jedoch auch soziale Elemente, die einen Ausgleich schaffen z.B. für Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen, wenn keine oder nur geringe eigene Beiträge gezahlt werden können. Frauen profitieren von den sozialen Elementen in der GRV deutlich häufiger als Männer, da sie immer noch den überwiegenden Anteil der Sorgearbeit verrichten.

Diese Gender Pension Gaps zeigt unsere Grafik 2. 

 
Grafik 2

3. Betriebsrenten

Aktuell haben rd. 18,4 Mio. Beschäftigte, das sind rd. 54 %, eine Anwartschaft auf eine spätere Betriebsrente. In den alten Bundesländern betrugen die durchschnittlichen Betriebsrenten im Jahr 2029 in der Privatwirtschaft bei den Frauen 244 Euro, bei Männern 635 Euro. Die Zahlen werden alle vier Jahre in der Studie Alterssicherung in Deutschland (ASID) erhoben; die nächste ASID ist für den Herbst 2024 angekündigt.

4. Der Gender Pension Gap in der EU

26 Prozent weniger gesetzliche Rente als Männer bekommen Frauen in der Europäischen Union im Durchschnitt. Malta schneidet am schlechtesten ab (41,8 %) und Estland am besten (4,7 %).

III. Der Gender Gap Arbeitsmarkt

Immer noch gibt es einen Unterschied bei der Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern, der sich allerdings verkleinert: In 2022 waren 77,1 Prozent der Frauen, aber 85 Prozent der Männer erwerbstätig. 

Nach Angaben des Statistische Bundesamt (Destatis) anlässlich des Equal Pay Day 2024 lag der Gender Gap Arbeitsmarkt im Jahr 2023 bei 39 Prozent. Gegenüber dem Jahr 2014 sank der Gender Gap Arbeitsmarkt um sechs Prozentpunkte (Pressemitteilung Destatis Nr. 83 vom 5.3.2024). 

Hauptursachen, so das Destatis, für erweiterte Verdienstungleichheit ist neben niedrigeren Stundenverdiensten die geringere Arbeitszeit von Frauen.

Der Gender Pay Gap lag im Jahr 2023 bei 18 %. Das heißt, Frauen verdienten 18 % weniger pro Stunde als Männer. Knapp zwei Drittel der Verdienstlücke lassen sich darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger als Männer in Branchen, Berufen und Anforderungsniveaus arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird. Auch die häufigere Teilzeit geht mit geringeren durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten einher.

Die höhere Teilzeitquote ist eine wesentliche Ursache für die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern. Während Männer 2023 im Monat 148 Stunden einer bezahlten Arbeit nachgingen, waren es bei Frauen nur 121 Stunden. Damit brachten Frauen 18 % weniger Zeit für bezahlte Arbeit auf als Männer (Gender Hours Gap). 

Auch in der Erwerbsbeteiligung gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Aktuelle Zahlen zur Erwerbstätigkeit aus dem Jahr 2022 zeigen, dass 73,0 % aller Frauen einer bezahlten Arbeit nachgingen. Bei den Männern waren es 80,5 %. Damit lag der Gender Employment Gap im Jahr 2022 bei 9 %. 

Aus den drei genannten Gender Gaps wird der Gender Gap Arbeitsmarkt berechnet. Je höher der Gender Gap Arbeitsmarkt ist, desto stärker ist die Verdienstungleichheit auf dem Arbeitsmarkt ausgeprägt. Die einzelnen Gender Gaps geben dabei Aufschluss über strukturelle Ursachen von Verdienstungleichheit. Besonders im Zeitverlauf oder im Vergleich zwischen Regionen lässt der Gender Gap Arbeitsmarkt interessante Einblicke in die verschiedenen Ursachen und Entwicklungen von Verdienstungleichheit zu.

IV. Fazit: Mehr Rente ist machbar!

  • Mehr Frauen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
  • Raus aus prekären und ungesicherten Minijobs
  • Konsequent in Vollzeit arbeiten
  • Raus aus der Halbtagsfalle
  • Mehr Kitas bedeuten mehr Rente
  • Mehr sozialer Ausgleich führt insbesondere für Frauen zu einer höheren Rente
  • Ein Grundrentenzuschlag ohne Einkommensanrechnung hilft Frauen mit kleinen Renten
  • Ein höherer Freibetrag bei Hinterbliebenenrenten führt zu mehr Erwerbstätigkeit und damit zu mehr eigenen Anwartschaften - besonders bei Frauen
  • Job mit besserem Gehalt - Frauen, traut euch was zu
  • Betriebsrenten erhöhen das Alterseinkommen
  • Mehr arbeitgeberfinanziere Betriebsrenten fordern und verhandeln

Frauen - kümmert euch um eure Alterssicherung! 

 

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