04.11.24
Der Bundesrat hat am 23.3.2024 dem sog. "Wachstumschancengesetz" zugestimmt, nachdem die Union dieses Gesetzesvorhaben der Ampel lange Zeit blockiert hatte. Neben steuerlichen Entlastungen für Unternehmen sind auch Erleichterungen bei der Höhe der Besteuerung von Renten und Betriebsrenten vorgesehen. Mit der Neuregelung soll die „doppelte Besteuerung“ von Beiträgen und Leistungen vermieden werden. Allerdings geht selbst die Bundesregierung davon aus, dass die Maßnahme allein nicht ausreicht, um diese in allen Fällen auszuschließen. Deshalb sollen zeitnah weitere gesetzliche Änderungen erfolgen. Die zwei wichtigsten Neuregelungen sind nachfolgend erläutert.
Gesetzliche Renten, auch als Leibrenten bezeichnet, sind steuerrechtlich „sonstige Einkünfte“ (§ 22 Nr. 1 Satz 3 EStG).
Zur Info: Für die steuerliche Behandlung der gesetzlichen Renten ist das Jahr des Rentenbeginns maßgeblich. Bei einem Rentenbeginn im Jahr 2023 betrug der Besteuerungsanteil, also der Teil der Rente, der der Steuer unterworfen wird, 83 Prozent. Entsprechend beträgt der Rentenfreibetrag, also der Teil der Rente, der nicht versteuert werden muss, 17 Prozent. Der Rentenfreibetrag ist ein fester Eurobetrag und bleibt auch in den Folgejahren unverändert. Rentenanpassungen erhöhen den zu versteuernden Teil der Rente. Das bedeutet, dass Rentenanpassungen in voller Höhe steuerpflichtig sind.
Ab dem Jahr 2023 wird der Anstieg des Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang auf einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert. Für den Jahrgang 2023 beträgt der maßgebliche Besteuerungsanteil im Vergleich zum Recht vor der Änderung statt 83 Prozent nur noch 82,5 Prozent. Der Prozentsatz erreicht dann erst 2058, und nicht mehr 2040, die 100-Prozent-Marke.
Beispiele: Wer 2024 in Rente geht und monatlich eine steuerpflichtige Rente von 1.000 Euro bezieht, muss (in monatlichen Werten) künftig nicht mehr 840 Euro, sondern nur noch 830 Euro der Steuer unterwerfen. Wer 2030 in die Rente einsteigt, muss künftig 860 Euro statt 900 Euro der Steuer unterwerfen. Bei einem Renteneintritt 2040 sind es nicht mehr 1.000 Euro, die der Steuer unterworfen werden, sondern nur noch 910 Euro.
Zum Hintergrund: Mit der Neuregelung der Besteuerungsanteile der Rente wird die im Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode vereinbarte Maßnahme zur Vermeidung einer zukünftigen „doppelten Besteuerung“ von Renten umgesetzt. Künftig steigt der Besteuerungsanteil für diejenigen, die 2023 in Rente gehen, um jährlich nur noch 0,5 Prozentpunkte, statt wie bisher um einen Prozentpunkt. Der mit dem Alterseinkünftegesetz 2005 begonnene Übergangszeitraum zur vollständigen nachgelagerten Besteuerung von Renten wird somit bis zum Jahr 2058 verlängert.
Aber auch diese Maßnahme reicht nicht aus, um alle Fälle einer doppelten Besteuerung, wie vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gefordert, auszuschließen.
Nicht nur das BVerfG hatte eine Neuregelung angemahnt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte dies in seinen Urteilen vom 19. Mai 2021 (Aktenzeichen X R 20/19 und X R 33/19) für erforderlich gehalten. Er hatte erstmals die Berechnungsparameter und damit die Kriterien für die Feststellung einer möglichen „doppelten Besteuerung“ von Altersvorsorgeaufwendungen vorgegeben und ausgeführt, dass der Gesetzgeber verpflichtet sei, dafür Sorge zu tragen, dass es in keinem Fall zu einer „doppelten Besteuerung“ kommt.
Die vorliegende Anpassung sowie die bereits umgesetzte Anpassung des Sonderausgabenabzugs in § 10 Absatz 3 Satz 6 EStG werden jedoch nicht ausreichen, um „doppelte Besteuerungen“ für alle zukünftige Rentenkohorten vollständig zu vermeiden. Zudem greifen diese beiden Anpassungen erst ab dem Jahr 2023 und entfalten daher ihre Wirkung erst für Rentenjahrgänge ab 2023. Zur vollständigen Vermeidung einer „doppelten Besteuerung“ sowohl für zukünftige Rentenkohorten, aber auch zur Beseitigung von gegebenenfalls im Einzelfall bereits eingetretener „doppelter Besteuerung“ in Bestandsrentenfällen sind weitere Regelungen erforderlich, die zeitnah in einem dritten Schritt gesetzlich geregelt werden.
Betriebsrenten, die steuerrechtlich als Versorgungsbezüge bezeichnet werden, sind „Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit“ (§ 19 Abs.1 Nr. 2 EStG). Sie sind lohn- und sozialversicherungspflichtig. Da es sich aber um steuerbegünstigte Einkünfte handelt, wird für Versorgungsbezüge ein Steuerfreibetrag, der Versorgungsfreibetrag heißt, gewährt, der sich nun ab dem Veranlagungszeitraum 2023 auch ändert und angehoben wird.
Von den Versorgungsbezügen bleibt ein nach einem Prozentsatz ermittelter und auf einen Höchstbetrag begrenzter Versorgungsfreibetrag sowie ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei (§ 19 Abs. 2 S. 3 EStG).
Beispiel: A erhält ab 2025 eine Betriebsrente von monatlich 250 Euro, somit jährlich 3.000 Euro.
Nach altem Recht betrug sein Versorgungsfreibetrag inkl. Zuschlag insgesamt 630 Euro. 630 Euro seiner Betriebsrente wären also steuerfrei geblieben.
Nach dem ab 2023 geltenden Recht beträgt der Freibetrag insgesamt 693 Euro. Also bleiben 693 Euro der Betriebsrente von A, wenn er 2025 in Rente geht, steuerfrei. Die restlichen 2.307 Euro muss er versteuern.
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